Ein letztes gemeinsames Wochenende an den Ort, der Bettina seit nunmehr fünf Jahren mit ihrem Mann verbindet. Bettina wollte noch ein letztes Mal nach Sylt. Es ist jetzt fünf Jahre her, da lernte sie die friesische Nordseeinsel über ihren Mann kennen und seitdem steht sie wie kein anderer Ort für die Liebe der beiden.
Aufgrund der aktuellen Lage muss aber zunächst die Landesregierung kontaktiert werden. Ihr Mann kämpft mit dem Wünschewagen-Team aus Nordrhein-Westfalen um die Chance, die Reise zusammen antreten zu dürfen, aber zum Glück folgt die Nachricht, auf die wir alle sehnsüchtig gewartet haben: Die Fahrt darf stattfinden. Die Wunscherfüller*innen Mirjam und Thomas holen Bettina mit ihrem Mann Ralf aus dem Hospiz ab. Auch wenn die Zeichen zunächst auf Regen stehen, kann kein Wetter der Welt die beiden von ihrem Plan abhalten. Auf dem Autozug nach Sylt angekommen, folgt die nächste gute Nachricht: „Ihr seid doch der angemeldete Wünschewagen. Ihr fahrt selbstredend kostenlos.“
Ein erstes Abendessen nach der Ankunft ermöglicht etwas Zeit zum Durchatmen. Wir bestellten Thai-Nudeln in Bettinas Lieblingsrestaurant. Ein wichtiger Programmpunkt, wie uns Ralf mitteilt. Dieses Essen erinnert sie an all die schönen Momente, welche die beiden zu unbeschwerten Zeiten hier erleben durften. Über dem ganzen Wochenende hängt allerdings ein Schleier des Abschieds. Allen ist dies jederzeit bewusst und umso mehr genießen die beiden ihren Aufenthalt auf „ihrer“ Insel.
Der Samstag beginnt kalt und verschneit, aber schnell gesellt sich die Sonne dazu und ein erster Spaziergang und ein gutes Frühstück sorgen für Stärkung. Sie überwinden den Sandstrand und erreichen die Wasserkante. Was dann folgt, ist einer der Momente, der den Wünschewagen zu etwas ganz Besonderem machen. Denn plötzlich kommt das Wasser näher und Bettina genießt das Wellenrauschen im Sonnenschein. Ein Moment des Innehaltens. Eigentlich möchte gerade niemand etwas sagen. Erinnerungen an den Sommer kommen auf. Der letzte Besuch des Paares auf Sylt, damals noch mit ihren Hunden, die sie am Strand beim Spielen beobachten durften. Damals wusste noch niemand etwas von ihrer Krankheit. Alles ging dann sehr schnell.
Am Ende des Tages zeigt sich Sylt von seiner schönsten Seite. Ein Sonnenuntergang über der Nordsee, der so bewegend ist, dass auch die Wunscherfüller*innen einen dicken Kloß im Hals haben. Auch wenn Bettinas Sonne irgendwann untergehen wird, diesen Moment wird niemand vergessen. Schweigsam und von ihrer Krebskrankheit gezeichnet, sind es die kleinen Zeichen und die raren Worte der Dankbarkeit, die auf der Rückfahrt am Sonntag allen Beteiligten und ihrem Mann zeigen, wie viel ihr dieses Wochenende bedeutet hat. Sylt, so wurde uns berichtet, soll auch die allerletzte Station Bettinas Reise werden. In Form einer Seebestattung.