Unsere heutige Wünschewagen-Fahrt startet erst gegen Mittag. Nach dem obligatorischen Schnelltest in der Geschäftsstelle in Elmshorn brechen wir auf nach Kattendorf, um unseren Fahrgast abzuholen. Wir liegen gut in der Zeit, werden aber schon ungeduldig vor der Haustür erwartet.
Eigentlich sollten wir unseren Wünschewagen-Fahrgast beim Verlassen des Hauses behilflich sein, da er auf Grund seiner schweren Erkrankung ein wenig Unterstützung beim Treppensteigen benötigt – aber die Vorfreude auf die Fahrt hat dem 77-Jährigen die Energie verliehen, die Stufen in seinem Haus selbst zu überwinden. Was für ein toller Start für seine Wunschfahrt.
Der Empfang in der Familie ist sehr herzlich. Nach einer kurzen Begrüßung geht es auf die nur 18 Kilometer lange Fahrt in den Tierpark Eekholt, wo unser Fahrgast lange Zeit als Tierpfleger tätig war. Während der Fahrt schauen wir besorgt auf den wolkenverhangenen Himmel, aus dem auch ein wenig Regen fällt. Aber kaum auf dem Parkplatz angekommen, klart es auf. Wir dürfen mit dem Wünschewagen direkt vor dem Eingang parken, wo uns Uta schon mit einer Art großem Golfcart erwartet. Sie arbeitet ebenfalls im Tierpark und wird uns den Tag über gebleiten. Nachdem alle Plätze auf die vier Sitzreihen verteilt sind, erwartet uns die erste Überraschung. Auf der Empfangstafel am Eingang des Parks werden Schorsch, unser Fahrgast, und seine Frau Marlies namentlich begrüßt.
Dann geht es im gemächlichen Tempo zum Gehege der Waschbären. Es wurde extra mit der Fütterung auf uns gewartet, damit wir die kleinen Bären auch in Aktion beobachtet konnten – wurden sie doch früher von unserem Wünschewagen-Fahrgast betreut.
Unser nächster Halt ist die Flugschau. Zwar findet gerade keine offizielle Veranstaltung statt, aber auch hier haben die Kollegen eine Überraschung parat. Ein Uhu wartet auf dem Handschuh seiner Trainerin auf uns. Er soll einen großen Bogen fliegen und dann in unserem Wagen landen. Vielleicht hat er sich beim ersten Anflug verschätzt? Auf jeden Fall rauscht dieser große Vogel durch unseren Wagen und startet einen neuen Versuch. Beim Anblick der riesigen Schwingen und des starr ausgerichteten Blickes möchte man sich reflexartig irgendwo in Sicherheit bringen. Aber der Uhu ist schließlich ein Profi, und im nächsten Anlauf klappt es dann auch – und Fahrgast und Vogel sitzen sich Auge in Auge gegenüber. Ein ganz besonderer Moment, denn diese beeindruckenden Tiere sehen von Nahem mit ihren großen Krallen und dem kräftigen Schnabel noch Respekt einflößender aus.
Danach treffen wir eine ganz besondere Persönlichkeit, die Gründerin des Tierparks Theda Hatlapa. Die mittlerweile über 90-Jährige begrüßt uns im Rollstuhl sitzend vor ihrem Haus, das direkt dem Parkt angegliedert ist. Die beiden umarmen sich herzlich und man fühlt die Verbundenheit. Es ist ein sehr ergreifender Augenblick, als die alte Dame frei heraus erklärt: „Die Welt hier unten ist scheiße, später erwartet uns eine bessere. Ich bin froh, das mit Dir gemeinsam zu erleben!“
Auch die anderen Kollegen unseres Wünschewagen-Fahrgastes sind gekommen, um den Kollegen noch einmal zu sehen. Zum Abschied überreichen sie ihm ein großes Foto der letzten Betriebsfeier.
Weiter geht die Fahrt zu dem kleinen Fluss, der den Tierpark durchzieht. Unser Fahrgast erzählt uns, dass hier die Kinder mit kleinen Boot aufs Wasser fahren dürfen. Er hat den Lütten früher gerne dabei zugesehen, wie sie sich hier amüsiert haben. Besonders die „Dunkel-Munkel-Nächte“ im Park waren sehr beliebt. Es wird still im Wagen, und versonnen schauen wir eine Weile nur auf das ruhig dahinfließende Wasser.
Nächster Halt: Wildschweingehege. Unser Fahrgast hat extra Walnüsse für die Tiere mitgebracht und passt genau auf, dass alle die gleiche Ration erhalten. Auf dem Rückweg machen wir noch einen kurzen Zwischenstopp bei den Feuersalamandern. Uta holt eines der kleinen Tiere aus dem Terrarium, damit wir es uns von Nahem anschauen können. Der trockene Kommentar von ihr, das schwarzgelbe Tierchen sehe aus wie „ein dickes, ungebratenes Würstchen“ ist zwar nicht sehr schmeichelhaft, trifft es aber doch irgendwie sehr passend.
Und schon neigt sich unsere Rundfahrt dem Ende. Zum Abschied sucht sich unser Fahrgast noch einen ElbStone aus unserem Glas aus. Das Motiv zeigt zwei Möwen an der See. Auch hier bleibt er seiner Tierliebe treu. Seine Hand umschließt fest den Stein – eine bleibende Erinnerung an einen schönen Tag.
Obwohl die Begegnung mit den Kollegen und der alten Wirkungsstätte teilweise sehr emotional war, sehen wir doch beim Abschied nur in strahlende Gesichter – und genau das ist der Grund, warum wir gerne die Wunschfahrten begleiten. Es ist manchmal ganz einfach, Menschen glücklich zu machen – zum Beispiel mit einem langen Blick in große, bernsteinfarbene Augen.
Carolin Kirstein und Cäcilie Trzebiatowski