Noch einmal ihren einzigen Bruder umarmen: für die schwerstkranke Erika aus dem Landkreis Leipzig ein ganz großer Wunsch. Eigentlich einfach, aber ihr Bruder wohnte nicht nur nebenan, er war vor vielen Jahren nach Norddeutschland gezogen, hatte dort eine Familie gegründet und war nun selbst nicht mehr so mobil. Allein konnte die Familie diesen Herzenswunsch der Mutter nicht realisieren und rief also bei unserer sächsischen Wünschewagen-Koordinatorin an.
Aber das Reiseziel Bremen war aus Sachsen wegen der langen Reise nur mit einer Übernachtung zu erreichen. Coronabedingt war das nicht ganz so einfach und mit einigen Auflagen verbunden. Aber das sollte auch diesmal unsere Wunscherfüller nicht von der Planung abhalten. Nach einiger Wartezeit kam dann die ersehnte Fahrtgenehmigung und sogar die Übernachtung wurde möglich. Die Familie hatte selbst kaum gehofft, dass die Fahrt in der aktuellen Situation noch stattfinden konnte und war sehr aufgeregt. Zum Glück hatten die sächsischen Kollegen auch dafür eine Checkliste vorbereitet, damit die Familie trotz Aufregung alles Wichtige in den Koffer packen konnte. Bei den Gesprächen vor der Fahrt wurden hilfreiche Tipps ausgetauscht und als Erika vorab erfuhr, dass auch Wunscherfüller Karsten schon einmal in Bremen war (und mindestens genauso begeistert wie sie), war die Freude groß.
Gut vorbereitet machte sich am nächsten Tag auch der Wünschewagen Sachsen auf den Weg in eine Kleinstadt im Leipziger Land. Dort warteten schon Fahrgast Erika und Tochter Anke zu Hause auf gepackten Koffern. Aufgeregt starteten die beiden nach dem Einladen von Gepäck und Rollstuhl mit unseren erfahrenen Wunscherfüllern Jacqueline und Karsten auf die große Fahrt. Das Wetter spielte auch diesmal wieder mit. Bei strahlendem Sonnenschein konnte die Reise in den Norden beginnen. Erika erzählte unterwegs ihrer Tochter und Jacqueline und Karsten aus ihrem Leben, schwärmte von der alten Hansestadt, dem Rathaus, den vielen schönen Gebäuden in der Altstadt, den Handwerkerpassagen und den idyllischen Spaziergängen am Weserufer. Ihr Bruder war vor vielen Jahren weggezogen, der Kontakt war durch die deutsche Teilung nicht immer einfach zu halten, aber nie abgebrochen. Bei späteren Besuchen hatte Erika Bremen und die Bremer in ihr Herz geschlossen. Nun sollte es noch einmal an ihren Sehnsuchtsort hoch in den Norden gehen.
Nach einer ruhigen Fahrt checkte der Wünschewagen mit seinem Fahrgast im Hotel in der Bremer Innenstadt ein. Dort war alles bestens vorbereitet und auch die Anmeldung schnell erledigt. Nach kurzer Ruhepause ging es weiter in den Bremer Norden, wo Erikas Bruder schon sehnsüchtig auf sie wartete. Die erste Umarmung der beiden Geschwister nach Jahren war sehr intensiv und bewegend und nicht nur Erika musste dabei eine kleine Träne verdrücken. Bei einem Spaziergang an der Weser durch den schönen Vegesacker Stadtgarten konnten Bruder und Schwester den Moment genießen und dieses unerwartete Geschenk ihres Wiedersehens feiern. Unsere Wunscherfüller zogen sich etwas zurück, um der Familie diese private Zeit möglich zu machen. Am Utkiek an der Weser ließen sich auch Jacqueline und Karsten etwas Seeluft um die Nase wehen und einige Schiffspassagen beobachten. Selbst die eine oder andere freche Möwe fand ihren Weg in ihre Richtung und beäugte die seltenen Gäste aus Sachsen mit ihrem großen blauen Wünschewagen. Später ging es dann mit Erika und Anke zurück in die Bremer City. Nach einem Abendessen „to go“ aus einem nahegelegenen Restaurant fielen alle müde in ihre Betten.
Am nächsten Tag stand nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel ein Rundgang durch die Bremer Innenstadt an. Erika kannte sich auch nach Jahren gut aus und ihre Augen leuchteten beim Anblick der wohlvertrauten Wege. Egal, ob Domshof, Schütting oder Schnoor, sie erinnerte sich gut an all die verwinkelten Handwerkergassen, an bunt leuchtende Fenster und kopfsteinbepflasterte Durchgänge. Stadtführung? Für unseren Fahrgast sicher nicht nötig! Ein Besuch bei „den“ Bremern schlechthin durfte natürlich nicht fehlen: die Bremer Stadtmusikanten! An der Statue von Gerhard Marcks am Rathaus war Zeit für ein schönes Erinnerungsfoto mit den Mitfahrern. Und auch der sächsische Wünschewagen hat jetzt sein eigenes Bild neben den vier sagenhaften Märchengestalten. Bei einem gemütlichen Spaziergang über den Markt ließen alle noch einmal das hanseatische Flair der Bremer Altstadt auf sich wirken. Nach einer kleinen Stärkung bei einer Portion Pommes ging es später auf den Weg zurück in die sächsische Heimat. Die Reise war für unseren Fahrgast anstrengend und die Müdigkeit machte sich langsam bemerkbar, aber über die geschenkte Zeit mit ihrem Bruder in ihrer Herzensstadt Bremen freute sie sich riesig. Ihre Familie freute sich ebenfalls, sie so glücklich wieder zu Hause begrüßen zu können. Auch für Jacqueline und Karsten ging es zurück in die Leipziger Rettungswache. Beide waren dankbar für die Zeit, die sie mit Erika und Anke verbringen durften und vor allem dafür, dass unser Wünschewagen Sachsen diesen Herzenswunsch gerade noch rechtzeitig erfüllen konnte.