„Nichts tröstet uns mehr, als wenn in dem Moment jemand an unsere Tür klopft, in dem wir das Gefühl haben, mit unserem Kummer und unserem Schmerz von aller Welt verlassen zu sein.“ (Jochen Mariss)
Im letzten Monat galt dies für eine Wunschfahrt aus Rheinland-Pfalz. Am Vortag erreichte unser Team eine dringende Wunschanfrage von der Intensivstation eines Krankenhauses. Schnell wurde deutlich, der mögliche Fahrgast war in einem so schlechten Zustand, dass er nicht mehr transportiert werden konnte. Er rief immer wieder verzweifelt nach seiner Ehefrau und sehnte sie herbei. Leider lag diese in einem rund 50 Kilometer entfernten Krankenhaus und ein Besuch war bereits seit längerer Zeit nicht möglich gewesen. Die verbleibende Planungszeit war sehr kurz und alle Beteiligten hatten das Gefühl, es drängt sehr.
Hier kommt der Bericht unserer Wunscherfüllerinnen:
„Manche würden sicher von Schicksal, andere von glücklicher Fügung sprechen. Wir denken oft, es gibt Gegebenheiten, die passieren so und müssen nicht erklärbar sein. Der Wünschewagen war wegen eines anderen Termins noch in der Nähe und so warteten wir auf die Zustimmung beider Krankenhäuser zu dieser Wunschfahrt.
Nach den letzten Absprachen starteten wir zur Ehefrau unseres Fahrgastes. Auf der anschließenden Fahrt zur Intensivstation, wo ihr Mann lag, erzählte sie von der letzten Zeit. Der telefonische Kontakt war ebenfalls abgebrochen, weil es ihm schlecht ging. Ohne eine konkrete Vorstellung vom Zustand ihres Mannes und mit leiser Hoffnung schaute sie immer wieder sehnsüchtig in den Sternenhimmel des Wünschewagens. ‚Die Sterne leuchten fast wie draußen, wer denkt sich sowas aus für ein Auto?‘
Sie machte sich viele Gedanken über ihr Aussehen, alles gelang im Krankenhaus nicht so wie zuhause. Und sie wollte doch schön sein für ihren Mann!
Das Wiedersehen der beiden war sehr berührend. Er wurde sofort etwas ruhiger bei ihrem Anblick, strich ihr über das Gesicht und durch das Haar. Liebevolle Gesten und vertraute Berührungen ließen die Geräusche der Intensivstation in den Hintergrund rücken. Sie überreichte ihm ‚ihr Herz‘, dass er bei sich tragen konnte, wenn wir gehen würden. Der kleine bemalte Stein aus dem Wünschewagen mit dem Schutzengel, der sein Herz mit beiden Händen festhielt, sollte an diesem Nachmittag noch eine größere Bedeutung bekommen als wir alle dachten...
Mit schwacher Stimme, teils schwierig zu verstehen, nahm der Ehemann uns das Versprechen ab darauf zu achten, dass seine Frau ausreichend Vitamine zu sich nimmt. Durch einen Unfall war er auf der Station gelandet und sie machte sich Vorwürfe nicht in seiner Nähe gewesen zu sein, um diesen zu verhindern. Lächelnd sagte er, sie hätte den Unfall nicht verhindern können, sie würde ihn doch 50 Jahre kennen. Es klang wie ein ‚Freispruch‘, den sie dankend annahm.
Die beiden genossen die gemeinsame Zeit, immer wieder suchten sie den Kontakt zu uns. Als Wünscherfüllerinnen waren wir im Hintergrund, mal die sprachlichen Vermittler, mal praktische Kleinigkeiten unterstützend. Zusammen mit dem Pflegeteam der Station waren wir die stillen Begleiter.
Nach rund zwei Stunden veränderte sich sein Zustand. Der Besuch seiner Ehefrau schien ihm seinen Abschied zu erleichtern. Und so begleiteten wir an diesem Nachmittag auch die letzte Reise dieses geliebten Menschen. Der kleine Stein mit ‚ihrem Herz‘ blieb in seiner Hand, bis die Kraft endgültig nicht mehr reichte und sein Herz für immer aufhörte zu schlagen…
In der hereinbrechenden Dunkelheit fuhren wir zurück und sie schaute wieder sehnsüchtig und mit Tränen in den Augen in den Sternenhimmel des Wünschewagens…