„Thomas ist 54 und lebt in Herne. Seine weit fortgeschrittene Tumorerkrankung führte dazu, dass er seit Januar seine Wohnung nicht mehr ohne Tragehilfe verlassen kann. Und dabei wünschte er sich so sehr, noch einmal ans Meer nach Cadzand zu kommen, wo er viele Urlaube verbracht hat, und dort in seinen Lieblingsrestaurants zu essen.
So brachen Wunscherfüller Heinz und ich am 12. November früh morgens auf, um Thomas diesen Herzenswunsch zu erfüllen. Eine liebe Freundin sollte ihn an diesem Wochenende begleiten. Mit vereinten Kräften trugen wir den von der Erkrankung geschwächten Thomas aus dem vierten Stock im Tragestuhl nach unten. Nachdem das Gepäck verstaut war, ging es endlich los in Richtung Meer. Selten habe ich so viel Lachen und Vorfreude aus dem hinteren Teil des Wünschewagens gehört…
An der Küste besteht Mitte November die Chance, dass es kalt und nass werden kann. Aber unsere kleine Reisegruppe war vom Glück geküsst, denn uns erwarteten ein strahlend blauer Himmel, erstaunlich wärmende Sonnenstrahlen, nahezu Windstille und ein sanftes Meer. Eine Mischung, die für Thomas wohl ihren ganz eigenen Zauber entwickelte, denn er verzichtete auf den vertrauten Rollstuhl und fand die Kraft, sich auf seinen eignen Füßen zu bewegen! Alles sollte so normal wie möglich sein. Das bedeutete auch, dass wir Wunscherfüller:innen uns im Laufe der zwei Tage immer mal wieder etwas zurückzogen, um den beiden zu so viel Normalität wie möglich zu verhelfen.
Bald wurde es Zeit, ‚seiner‘ Strandbar Strandloeper einen Besuch abzustatten. Mit dem Wünschewagen-Bonus bekamen wir schnell einen sonnigen Platz auf der gut besuchten Sonnenterrasse. Ich empfinde immer wieder große Dankbarkeit, wenn ich wahrnehme, wie sehr die Menschen sich bemühen, alles möglich zu machen. Wenn sie erfassen, was unser Projekt bewirkt und sie selbst Teil eines Wunsches werden. Welche Freundlichkeit unseren Gästen und auch uns Ehrenamtlichen zuteil wird.
Und dann wurde geschlemmt! Thomas saß glücklich vor einer Auswahl holländischen Fingerfoods und erzählte uns von seinen früheren Urlauben in Cadzand. Viele Erinnerungen wurden wach und Thomas war sichtbar in seinem Element. Inzwischen war die Sonne untergegangen und es war ein großes Glück, dass unser schönes Hotel nur gut 50 Meter entfernt, direkt am Meer auf uns wartete. Denn Thomas lief…
Wir wurden sehr herzlich empfangen und unserem Fahrgast wurde ein berührendes Schreiben und ein Buch über Cadzand überreicht. Dann ging es aufs Zimmer, von dessen Balkon aus Thomas wieder das Meer sehen konnte. Ein wenig ausruhen, das Stoma versorgen und dann ging es auch schon weiter. Thomas wollte uns sein Lieblingsrestaurant auf dem Boulevard zeigen und dort zu Abend essen. Leider war es geschlossen, aber Thomas kannte sich gut genug aus, um eine schöne Alternative zu finden. Wieder wurde lecker gegessen, gelacht und erzählt. Als wir aufbrachen, entschied Thomas, er wolle noch einen Abstecher zum Hafen machen. Wie gut, dass alles so nah beieinander lag, denn: Thomas lief…
Am nächsten Morgen begrüßte uns der Ort mit Nebel, der sich scheinbar nicht auflösen wollte. Also ging es nach dem Frühstück erneut zum Boulevard, um zu bummeln und Erinnerungsstücke zu kaufen. Niemand wusste, woher Thomas die Kraft nahm, aber auch heute blieb der Rollstuhl, den wir die ganze Zeit dabei hatten, unbenutzt. Und plötzlich, wie von Zauberhand, war der Nebel weg und die Sonne schien warm und hell. Also auf zum Strand! Wir legten die Picknickdecke in den Sand und allerspätestens jetzt war das Urlaubsfeeling für Thomas komplett.
Heinz und ich warteten nebenan im Strandloeper und irgendwann trieb unsere zwei Gäste der Kaffeedurst wieder zu uns. Pfannkuchen, Appeltarte, Poffertjes, Chocomel – das ganze Hollandprogramm, während gelacht, erinnert und erzählt wurde. Satt werden im und vom Leben, schien das große Thema zu sein…
Inzwischen war es Nachmittag geworden und was auf Thomas' Wunschliste noch fehlte waren die Kibbelinge, kleine frittierte Fischstücke. Wir hatten geplant, die Rückfahrt anzutreten und den Imbiss am Ortsausgang zu besuchen. Der hatte jedoch geschlossen und ich suchte auf Google eine Alternative. Nicht wissend, dass Thomas seiner Freundin gerade hinten im Wagen erzählte, wie gerne er ihr auch noch das benachbarte Sluis gezeigt hätte. Was für eine schöne Überraschung als die Wagentür sich öffnete und Thomas sich in Sluis wiederfand, um seine Kibbelinge zu essen! Ein wunderschönes Städtchen, das wir dann auch noch ein wenig erkundeten. Ihr ahnt es bestimmt schon: Thomas lief…
Die Sonne begann bereits unterzugehen, als wir mit dem Wünschewagen die Heimfahrt antraten. Der eine oder andere Stau wartete auch noch auf uns, bevor wir am späten Abend Thomas' Zuhause erreichten. Und dann stieg unser Gast zum ersten Mal seit 11 Monaten auf seinen eigenen Beinen die Stufen der vier Etagen nach oben. Sichtlich stolz, satt und zufrieden mit sich und der Welt..."
Danke für den schönen Bericht an unsere Wunscherfüllerin aus dem Ruhrgebiet!