Josies (4) Sehnsuchtsort war der Flughafen Hannover. Bryan (14) wünschte sich ein letztes Mal Hafenluft schnuppern zu können. Fußballfan Frank Coldewey aus Delmenhorst wollte noch einmal „seine“ Bayern-Elf in der Münchener Allianz Arena anfeuern. Und Frau Sanders aus Lüneburg träumte davon, trotz einer unheilbaren Erkrankung bei der Hochzeit ihres Enkels in Potsdam dabei sein zu können….
Mehr als 80 schwerstkranke und sterbende Menschen haben die ehrenamtlichen „Wunscherfüller“ vom Wünschewagen des ASB-Landesverbandes Niedersachsen in den vergangenen zwölf Monaten auf letzten „Wunschwegen“ begleitet. Und ihnen so dabei helfen können, ihr unausweichliches Schicksal für einige Momente zu vergessen.
Am heutigen Freitag hat der Arbeiter-Samariter-Bund den „1. Geburtstag“ des „Wünschewagens Niedersachsen“ im Panoramic Nord in der HDI-Arena gefeiert. Unter den rund 250 geladenen Festgästen waren auch der Projekt-Schirmherr, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, und ASB-Präsident Franz Müntefering. Weil zeigte sich begeistert, dass der Wünschewagen, obwohl erst ein Jahr alt, schon mehr als 80 Fahrten gemacht hat. Müntefering bedankte sich ausdrücklich bei den vielen Ehrenamtlichen, ohne die dieses besondere Projekt nicht möglich wäre. „Und auch ohne Spenden auch nicht“, sagte der gut gelaunte ehemalige SPD-Chef, „schließlich kostet alleine das Fahrzeug rund 100 000 Euro.“
Seit November 2017 begleitet der ASB-Niedersachsen mit seinem Wünschewagen die besonderen Reisenden auf „Wunschfahrten“ – wenn der gesundheitliche Zustand es erfordert, auch im Rollstuhl oder mit Beatmungsgerät und Magensonde. Denn das Fahrzeug ist ein auf die speziellen Bedürfnisse der schwerstkranken Fahrgäste konstruierter Krankentransporter. Ausgerüstet ist er u.a. mit notfallmedizinischer Ausstattung, speziellen Stoßdämpfern, Musik- und Lichtanlage. Eine verspiegelte Rundum-Verglasung erlaubt einen Panoramablick nach draußen, während neugierige Blicke ins Innere des Wagens ausgeschlossen sind. „Reiseziele“ waren u.a. die Ost- und Nordsee, der Brocken, Bayern, das Steinhuder Meer, das Musical „König der Löwen“, das Miniaturwunderland in Hamburg. Viele Fahrgäste, die meist im Hospiz leben, wollten auch einfach nur noch einmal Abschied vom eigenen Zuhause und den Angehörigen nehmen. Mit 99 Jahren war eine Hannoveranerin die älteste Reisende. Sie wollte noch einmal ihr Geburtshaus in Marburg sehen. Flughafen-Fan Josie aus Edemissen gehört mit vier Jahren zu den bisher jüngsten Fahrgästen des Wünschewagens.
Damit Reisenden und ihren vertrauten Begleitpersonen keine Kosten entstehen, finanziert sich das Projekt ausschließlich über ASB-Mitgliedsbeiträge und Spenden wie die des Motorrad- und Automobil-Museums PS-Speicher aus Einbeck und der Metronom und Eisenbahngesellschaft mbH, die zum „Geburtstag“ Spenden in Höhe von insgesamt rund 5.000 Euro überreichten.
Vor allem aber trägt sich der Wünschewagen durch das Engagement freiwilliger „Wunscherfüller“ – qualifizierte medizinische Fachkräfte – , die jede Fahrt begleiten. Derzeit engagieren sich 84 Ehrenamtliche aus ganz Niedersachsen für den Wünschewagen. Die jüngste Wunscherfüllerin ist 18, der Älteste 68 Jahre alt.
2. November 2018