Margit geht ein letztes Mal auf Reisen

Am Sonntag des letzten Juni-Wochenendes ging es für die beiden niedersächsischen Wunscherfüller*innen Jella und Matthias in aller Frühe in den Speckgürtel von Hamburg, wo die 84-jährige Margrit zu ihrem Fahrgast des Tages wurde. Margrits Wunsch: Einmal noch ihre 91-jährige Schwester in Bielefeld sehen, einmal noch mit ihr auf „Sightseeing“ an liebgewonnene Orte in der alten Heimat gehen.

Eine erlebnisreiche Tour, deren Rückfahrt Jella wieder einmal genutzt hat, um einen Reisebericht zu verfassen:

„In der Früh begrüßte uns ein (wie so oft) sehr aufgeregtes Grüppchen Menschen – zwei Pflegerinnen und unser Fahrgast. Der hatte an diesem sonnigen Morgen Tränen der Rührung und der Aufregung in den Augen, die aber schnell der Reiselust wichen. Anfangs noch skeptisch, stieg Margrit auf unseren Tragestuhl. Später war sie dort fast nicht mehr herauszubekommen und ihr Rollstuhl, den wir extra eingepackt hatten, blieb meistens ungenutzt. Unsere Sitzgelegenheit im Wünschewagen sei weitaus bequemer, verkündete sie. Wir gönnten es der alten Dame von Herzen! Von den Jahren gezeichnet und doch nie ihr Lachen verloren...

Auf dem Weg nach Bielefeld zur Schwester, die sie gefühlt eine halbe Ewigkeit nicht gesehen hatte, schmiedeten wir gemeinsam Pläne. Etwas mit Tieren sollte es werden. Plötzlich war von Sightseeing keine Rede mehr. Kein Problem – wir sind ja flexibel! Nach einem Zwischenstopp mit Imbiss im alten Zuhause sollte es nun ein Reiterhof werden. Dort stehen die Islandpferde der Nichten und dort fand an diesem Tag zufällig ein Hoffest statt. Margrit war im Glück!

Eine Bratwurst später (von dem der ebenfalls heißgeliebte Australian Sheperd der Nichten vielleicht zufälligerweise unter dem Tisch etwas abbekommen haben könnte) waren wir auf dem Weg zum 20 Minuten entfernten Hof. Ausführlich wurden die Pferde gestreichelt. Geduldig standen sie Modell für etliche kostbare Erinnerungsfotos an das vorerst letzte Treffen der Schwestern.

Die Große in Bielefeld, die Kleine bei Hamburg. Innigst ist ihr Verhältnis, aber auch von der typischen Geschwisterliebe und regelmäßigen kleinen, netten Sticheleien geprägt. Eine Weile schauten die Schwestern noch dem Turnier zu. Nur sehr schweren Herzens konnten sie sich loseisen. Margrit sagte traurig: ‚Würde ich hier wohnen, ich wäre sehr oft hier, um den Reitern zuzuschauen.‘

Mit beiden Frauen im Wünschewagen – jede kostbare gemeinsame Minute nutzend – ging‘s nochmal zurück zu dem Haus, wo die beiden vor vielen Jahren Tür an Tür wohnten. Es gab noch Kaffee und Kuchen und etwas Zeit alleine in der Familie.

Als Margrit dann die Augen zufielen, machten wir uns auf die lange Heimreise in den Norden. Alle waren sehr glücklich und stolz auf die 84-Jährige, dass sie die Wunschfahrt in die Heimat sprichwörtlich gewagt hat."