Es gibt letzte Wünsche, die lassen erst einmal schwer schlucken. So wie der von Zweifach-Mama Manu*. Die Mittdreißigerin hatte sich an das niedersächsische „Der Wünschewagen“-Team gewandt, weil sie mit ihren Kindern aus dem Hospiz in den Friedwald fahren, dort gemeinsam mit ihnen den Baum aussuchen wollte, unter dem sie beerdigt werden möchte. Natürlich hat ihr das Wünschewagen-Team diesen Herzenswunsch erfüllt.
Ungewohnt aufgeregt waren die beiden Wunscherfüller Jella und Maik, als sie sich in Richtung Ostniedersachsen gemacht haben, um die junge Mutter an ihren Sehnsuchtsort zu begleiten: Der Friedwald Cremlinger Horn. Tief bewegt vom Schicksal der Zweifachmami. Doch – um das gleich vorweg zu nehmen – am Ende des Tages haben sie einen so schönen „Reisebericht“ gegeben, den wir gerne teilen möchten:
Bericht der Wunscherfüller
„Als wir das Hospizzimmer betreten haben, war die Aufregung schon fast greifbar. Die Familie saß gespannt in Hut und Mantel bereit und war voller Vorfreude. Am liebsten wäre Manu direkt aus dem Bett gesprungen und losgelaufen. Aber ihre Querschnittslähmung hinderte sie daran. Also ganz schnell auf die Trage und auf in den Friedwald. Manu hatte sich gewünscht, während der Fahrt ,Enjoy the silence‘ von Depeche Mode zu hören. Eine Band, die sie kurz nach ihrer Erstdiagnose noch live gesehen hatte. Und deren Song auch auf ihrer Beerdigung gespielt werden soll. 4:14 Minuten herrschte Stille und eine Atmosphäre friedlicher Andacht. Es waren die einzigen Minuten der Wunschfahrt, in denen es sich tatsächlich ein wenig nach dem Ziel angefühlt hat, zudem wir unterwegs waren... Denn: Die Gespräche, die folgten und die Freude, Energie und Stärke die von Manu ausgeht, prägten den Rest dieser außergewöhnlichen Wunschfahrt. Obwohl todkrank, viel zu jung und viel zu sehr mitten aus dem Leben gerissen, lachten wir viel. Fast fühlte es sich an wie ein normaler Waldspaziergang mit Familie. Aus der Ferne war es sicher kaum zu erahnen, dass die Kinder grade auf der Suche nach einem Gedenkbaum für ihre Mutter waren... Beeindruckend schnell – so schnell, dass wir mit der Rolltrage kaum hinterher kamen – wurden die Beiden fündig: Eine junge Hainbuche! Diese Hainbuche mit den zwei Verzweigungen wirkt wie maßgeschneidert, passt zum Leben der jungen Mutter: Ein zäher, witterungsbeständiger, junger Baum an dessen Fuß das Moos schon leicht zu nagen beginnt. Alle sind zufrieden, obwohl die Situation so unfassbar tragisch ist. Dorothee Borkam, die Friedwald-Besitzerin, entfernt die rote Plakette, die den Baum als verfügbar kennzeichnet. Damit ist klar: Das hier wird Manus Hainbuche! Mit ins Hospiz nimmt sie sogar einen Teil des Waldes: Einen Setzling den Frau Borkam ihr geschenkt hat.
Auf dem Rückweg wünscht sich die Familie ein Eis. Also halten wir mit dem Wünschewagen beim Eiscafé Venezia in Lehre und holen eine Runde für alle – die wird im Wagen verputzt. Ein Moment unbeschwerten Zusammenseins, in dem die Welt fast heil erscheint. Manu verabschiedet uns mit den Worten: ,Man sieht sich immer zweimal. Und wenn es auch drüben sein sollte.‘“
Fünf Tage nach ihrer besonderen Reise ist Manu* im Hospiz friedlich eingeschlafen.
*Name geändert