In Wilhelmshaven ist Carsten Buß aufgewachsen. Hier hat er seine Kindheit verlebt, am Südstrand das Schwimmen gelernt. Unzählige schöne Erinnerungen verknüpft er mit der Stadt am Jadebusen. Erinnerungen, die immer wichtiger für ihn werden. Denn Carsten Buß ist an amyotrophischer Lateralsklerose (kurz ALS) erkrankt, hat wohl nicht mehr lange zu leben.
Der Mittsechziger benötigt rund um die Uhr intensivmedizinische Überwachung, ist nahezu vollständig gelähmt. Er muss beatmet und künstlich ernährt werden, lebt in einer Pflegereinrichtung im Landkreis Oldenburg. Trotzdem ist Carsten Buß jetzt noch einmal auf „Reisen“ gegangen: Ein Team vom ASB-Wünschewagen Niedersachsen hat den schwerstkranken Mann an seinen Sehnsuchtsort begleitet: die Südstrand-Promenade in Wilhelmshaven.
Noch einmal die Nase in die Sonne halten, den Blick übers Wasser schweifen lassen, unbeschwerte Augenblicke genießen – dass Carsten Buß im April ein vermutlich letztes Mal „seine“ Nordsee“ sehen konnte, verdankt er auch seiner Physiotherapeutin Stephanie Damke. Die nämlich hatte ihren schwerstkranken Patienten überhaupt erst auf die Idee gebracht, den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) zu kontaktieren, seinen ganz großen Wunsch im wahrsten Sinne des Wortes zu wagen. Seit 2017 lassen die Samariter mit ihrem Spenden finanzierten Ehrenamtsprojekt „Der Wünschewagen“ letzte Herzenswünsche sterbenskranker Menschen in Erfüllung gehen, bringen sie mit einem speziell konstruierten Krankentransportfahrzeug an ihre Sehnsuchtsorte. Carsten Buß´ Reise in die ostfriesische Heimat war bereits die 200. Wunschfahrt des in Hannover stationierten Wünschewagen-Teams. Und das musste für die Umsetzung dieser besonderen Reise des ALS-Patienten allerhand organisieren. Wünschewagen-Koordinatorin Laura Schröder: „So mussten wir beispielsweise ausreichend Sauerstoff und Medikamente einplanen, eine Notfallbox und ein Absaug- und Beatmungsgerät einpacken. Mit Intensivkrankenschwester Katharina Köhler und Rettungssanitäter Dennis Prior konnten wir zum Glück zwei ehrenamtliche Wunscherfüller finden, die Herrn Buß‘ Bezugspflegerin und seine Physiotherapeutin während der Wunschfahrt bei der äußerst aufwändigen medizinischen Betreuung unseres Fahrgastes unterstützen konnten.“ Auch sollte Buß´ Spezialrolli, den er mit Augen steuern kann, mitgenommen werden, um ihm unterwegs so viel Komfort wie möglich bieten zu können.
Wunscherfüllerin Katharina Köhler ist sich sicher: „Der große Planungsaufwand im Vorfeld hat sich gelohnt. Herr Buß hat die Zeit in Wilhelmshaven sichtlich genossen. Mit Sonnenbrille auf der Nase hat er tiefenentspannt aufs Wasser geschaut, augenscheinlich jeden noch so kleinen Eindruck versucht festzuhalten.“ Für ihren Teamkollegen Dennis Prior war der Anblick seines zufriedenen Fahrgastes besonders berührend: „Das ging uns schon sehr nahe zu sehen, wie sehr er diesen ‚Ausflug‘ genossen hat. Schließlich wissen wir ja, dass er krankheitsbedingt zum ersten Mal seit drei Jahren seine Einrichtung dank unserer Hilfe verlassen konnte.“ Damit die Erinnerungen an diesen Tag am Meer auch zu Hause noch ein bisschen länger frischen bleiben, sammelte Carsten Buß‘ mitgereiste Ehefrau Birgit für ihren Mann Muscheln. Sie, so erzählte sie es dem ASB-Team, hatte bis zuletzt nicht an die Realisierung des Wunschtraumes ihres schwerstkranken Mannes geglaubt. Am Ende der Reise schrieb sie den Wunscherfüllern jedoch auf eine Karte: „Dieser gemeinsame Ausflug ans Meer ist Balsam für die Seele. Danke, dass Sie diesen Tag begleitet und für uns möglich gemacht haben.“