Warum Birgit Stamms Kundschaft nicht nur fürs Haareschneiden zahlt
Es ist jetzt drei Jahre her. Birgit Stamm weiß es noch wie heute: Wie ihr Handy klingelte, als sie morgens mit ihrem Lebensgefährten und einem befreundeten Paar in einem Café in Salzburg frühstückte und sich Saarbrücken meldete, ein „Jürgen Müller vom Wünschewagen-Team des ASB Saarland“.
„Ich war richtig geschockt“, positiv geschockt, erinnert sie sich lächelnd. Hatte sie doch erst am Tag zuvor eine Mail an den ASB geschrieben. Darin schilderte sie die Situation ihres Neffen. Der 45-jährige Lkw-Fahrer lag zu diesem Zeitpunkt bereits todkrank auf der Palliativstation. „Er hat immer so einen Wunsch geäußert, noch mal privat irgendwohin zu fahren.“ In seinem Zustand war das ohne professionelle Unterstützung jedoch nicht zu realisieren.
Wirklich damit gerechnet, Antwort zu erhalten, hat die Bexbacherin, die einen kleinen Friseursalon führt, nicht. Weshalb sie auch wie geplant den Kurzurlaub nach Österreich antrat. Nach dem legendären Anruf „ging alles ganz schnell“. Müller organisierte in Windeseile eine Tour in den Spreewald mit allem Drum und Dran. Doch Birgit Stamms Neffe konnte die Reise leider nicht mehr antreten. „Die Fahrt wäre am Donnerstag gewesen, am Mittwoch ist Sascha gestorben.“
Womit die Geschichte eigentlich zu Ende wäre. Das Schöne: Hier fängt sie erst so richtig an. Denn die Frisörin war so beeindruckt vom Engagement der Wünsche-Erfüller, dass sie spontan beschloss, dieses im Saarland noch ganz neue Projekt zu unterstützten – damit anderen Menschen in einer ähnlichen Situation etwas so Wunderbares geschenkt werden kann. Weshalb sie eine Spendenbüchse im Salon aufstellte und fleißig die Werbetrommel rührte für den ASB Wünschewagen. „Egal wie es ausgeht – und wenn am Ende nur zwei-, dreihundert Euro drin liegen, freu ich mich schon wie Bolle.“ Es wurden 1400 Euro! Wieder und wieder erzählte Birgit Stamm beim Waschen, Schneiden, Färben von ihren Erfahrungen und steckte viele ihrer zum Teil seit 35 Jahren treuen Kundinnen und Kunden mit ihrer Begeisterung an. „Meine Familie unterstützt mich auch sehr dabei, die stehen alle dahinter!“
Und weil es so gut geklappt hat und die Resonanz so überwältigend ist, gab es die Spendenaktion mittlerweile schon drei Mal in Folge. „Letztes Jahr kamen wieder 1.400 Euro zusammen“, diesmal, coronabedingt, „nur“ 1.350 Euro. Ein Riesenerfolg, der Jürgen Müller noch immer etwas sprachlos macht. Birgit Stamm möchte da gar kein so großes Ding draus machen. „Jeder kann von solch einem Schicksalsschlag betroffen sein, egal ob groß oder klein, jung oder alt.“ Und wenn man selbst nicht dazu in der Lage ist, dem geliebten Menschen ein allerletztes Herzensanliegen zu ermöglichen, ist man unendlich froh, wenn es jemand gibt, der helfen kann. Die Spendenbereitschaft im Frisörlädchen Birgit Stamm ist jedenfalls ungebrochen, trotz Pandemie. „Die Kunden fragen jetzt schon: Wann geht’s wieder los?“ Was nicht schwer zu beantworten ist: „Im November. Wie immer!“