„Christa hatte ihr gesamtes Leben in den Bergen verbracht. Sie war sehr aktiv und ist oft gewandert auf sämtlichen Wegen. Tirol und die Berge sind ihre zweite Heimat…
Pünktlich um 7.45 Uhr haben wir uns im Wünschewagen-Büro in Kaufbeuren getroffen. Nach kurzem Kennenlernen und Gespräch mit unseren Koordinatorinnen Sonja und Uta ging es los zum Auto. Rudi war unser Fahrer für den heutigen Tag. Ich las beiden während der Fahrt die Krankheitsgeschichte und einige wichtige Infos vor.
Das Spital, in dem unser Fahrgast wohnt, war schnell gefunden. Vor dem Eingang wurden wir von einer Pflegerin und einer anderen Bewohnerin angesprochen, sie stellten uns einige Fragen über den Wünschewagen und was dieser macht und welche Menschen er fährt. Diese Fragen wurden sehr gerne von meinem Kollegen Eddi beantwortet.
Unser Fahrgast saß bereits fertig und mit gepackten Taschen im Eingangsbereich. Wir wurden sehnsüchtig erwartet. Ihr Sohn war ebenfalls bereits vor Ort. Mit den Worten ‚Guten Morgen, ich bin die Christa‘, wurden wir begrüßt und die Anspannung viel wich einer freudigen Stimmung. Von nun an strahlte Christa, denn sie realisierte, es geht nun wirklich los und ihr Herzenswunsch wird erfüllt. Christa erzählte ein wenig und stellte entschieden fest: ‚Mit meinem 93 (fast 94 Jahren) bin ich noch lange nicht alt und gehöre definitiv noch nicht zum alten Eisen!‘
Danach wurde alles ins Auto geladen, jeder hatte seinen Sitzplatz und Christa konnte die Aussicht durch die Panoramafenster genießen. Einzig das Wetter machte uns Sorgen. Es war trüb, dunkel und der Himmel voller Wolken. Nach einem kurzen Blick auf den Wetterbericht und die Live-Kameras der Zugspitze war klar: Wir haben trotz allem einen sehr sonnigen Tag zu erwarten.
Die Fahrt verlief ruhig, Christa erzählte viel über ihre geliebten Berge und wie sehr sie sich auf die Zugspitze freue, aber am meisten, dass sie wieder einmal nach Tirol kommt. Wie viel sie gewandert ist, alleine aber auch mit ihrem Mann gemeinsam und später mit den Kindern.
Während der Fahrt musste der Wünschewagen wegen einer Baustelle langsamer fahren und voller Entrüstung darüber kam: ‚Jetzt fahren wir aber sehr langsam. Das geht doch schneller!‘ Dies sorgte bei uns allen für ein breites Schmunzeln auf den Gesichtern. Der Sohn erzählte, dass sein Vater immer gerne schnell gefahren sei und sie daran Freude hatte. Der Wettergott war auf unserer Seite, mit jedem Kilometer wurde das Wetter freundlicher, der Himmel klarte auf, die Wolken verschwanden und die Sonne schickte ihre ersten Strahlen aus, um einen sehr schönen Tag zu verkünden.
Endlich angekommen, ging es für Christa in einen bequemen Multifunktionsrollstuhl. Sie konnte es kaum erwarten, endlich die Berge zu sehen und oben auf knapp 3.000 Metern zu sein. Wie wurden sehr freundlich von den Mitarbeitern der Zugspitze empfangen und durften direkt vor dem Eingang auf einem reservierten Parkplatz parken. Die Fahrt mit der Gondel war dank der Panoramafenster ein wahrer Genuss. Besonders schön spiegelte der Eibsee mit seinen vielen Inseln – die Karibik Bayerns.
Oben angekommen, wollte Christa erst einmal etwas essen, es war ja schließlich schon 12.45 Uhr und somit definitiv Zeit fürs Mittagessen. So gab es Käsespätzle und Käsesuppe. Auf keinen Fall durfte ihr Bier fehlen, darauf freute sie sich schon den ganzen Vormittag. Für uns wurde ein wunderschöner Tisch reserviert, mit Blick auf das Gipfelkreuz.
Doch plötzlich änderte sich das Wetter, wie so oft in den Bergen, und eine Wolkenfront zog von Österreich her auf. Wir entschieden uns, auf die Aussichtsplattform zu gehen. Es war imposant, auf einer Seite strahlender Sonnenschein und auf der anderen Seite eine beeindruckende Wolkenfront. Christa genoss den Anblick und wusste gar nicht, wohin sie zuerst schauen sollte. Währenddessen machte ihr Sohn viele Bilder als Erinnerung an diesen Tag. Ein weiteres Highlight: Es lagen noch gut 4 - 5 Meter Schnee auf der Zugspitze, bei kühlen 6 Grad.
Danach folgten Christas Herzenswunsch, die Seite und das Land zu wechseln. Sie wollte in ihr geliebtes Tirol. Sie schwelgte in Erinnerungen und sang aus tiefstem Herzen ihr Lieblingslied, das ‚Kufstein Lied‘. Als sie sang, blickte sie in das Tiroler Land. Jeder von uns war ergriffen. Es war ihr persönlicher Moment, nur das Hier und Jetzt zählte. Alle Sorgen, Ängste und der Alltag wurden in diesem magischen Moment vergessen.
Nach vielen Fotos gaben wir Mutter und Sohn etwas Freiraum. Sie schauten gemeinsam auf die Berge von Tirol und unterhielten sich, umarmten sich und genossen den Ausblick und ihre gemeinsame Zeit.
Schließlich kam der Abschied und wir fuhren mit der Gondel wieder nach unten. Es war später Nachmittag und Christa wurde müde. Ihr Sohn hatte leckeren Kuchen dabei, nur leider hatte das Bergbahn-Café bereits zu. Wir improvisierten und holten bei McDonalds Kaffee to go.
Danach entschieden wir gemeinsam, die Heimreise anzutreten, da Christa sehr geschafft war und Schmerzen aufkamen. Auf der Heimfahrt war sie sehr still, schaute aus den großen Panoramafenstern des Wünschewagens. Sie sog alles noch einmal in sich auf und sagte innerlich ihren geliebten Bergen Lebewohl. Ein sehr emotionaler Moment...
Rudi lenkte uns wieder sicher über die Autobahn zurück ins Spital. Dort angekommen, brachten wir Christa auf ihr Zimmer, wo wir bereits von zwei Pflegern erwartet wurden. Sie strahlte und fing sofort an zu erzählen, wie es in Tirol war und sie ihr ‚Kufstein Lied‘ sang. Zum Abschied überreichten wir ihr ein Fotoalbum von ihrem Wunschtag und zwei Dahlien, die im Wünschewagen als Dekoration dienten.“
Ein Bericht von Carmen, Wunscherfüllerin aus dem Allgäu.