Noch einmal gemeinsam einen Gottesdienst feiern

Weiblich, 85 Jahre, mehrfach CA metastierend, beginnende Demenz. Letzter Wunsch: Noch einmal gemeinsam einen Gottesdienst feiern. Das sind die anonymisierten Daten eines erfüllten Lebens und einer Frau, die sich am 13. Juli auch geistig nochmals vom Hospiz St. Vincenz aufmachte, um in der Katholischen Kirche St. Elisabeth in Augsburg noch ein letztes Mal mit Gemeindemitgliedern einen Gottesdienst im kleinen, aber vertrauten Kreis zu feiern.

„Wir kennen uns seit Jahren. Wir sind uns so vertraut wie in einer Familie,“ wird sie später immer wieder erzählen.

Für unseren Fahrgast war es eine kurze, intensive Zeitreise durch die vertrauten Straßen der Augsburger Innenstadt. Sie kennt die alten Häuser bereits seit ihrer Kindheit – wie sie vor dem Krieg aussahen, dann zerbombt und anschließend wieder aufgebaut wurden. Während die Allgäuer Wunscherfüller*innen Sandra und Eddi vorne im Wünschewagen durch das Labyrinth der vielen Einbahnstraßen der Altstadt zur Kirche fuhren, erinnerte sie sich: „Mit dem Fahrrad bin ich durch viele dieser Straßen gefahren. Unsere Kirche St. Elisabeth ist nicht weit von unserem Haus entfernt. Mein Mann ist nun 90 Jahre alt. Seit über 80 Jahren wohnt er in diesem Haus, wo auch unsere Kinder groß geworden sind.“

St. Elisabeth ist eine große, alte mit rotem Backstein aufgebaute Kirche. Mit zahlreichen Anbauten wurde sie zu einem Kirchengemeindezentrum erweitert – für Klein und Groß, Alt und Jung, für Gesund und Krank. Liegend wurde unser Fahrgast in den Gemeindesaal geschoben, vorbei an Kindern der Kindergartengruppe „Schmetterlinge“.

Während von draußen immer wieder vereinzelt und ganz leise ein Kinderlachen zu hören war, herrschte im Gemeindesaal eine würdevolle, feierliche Stimmung. Auf dem Altar brannten alle Öl-Lichter des Chanukka-Leuchters im gedämpften Licht. Ein Symbol für das ewige Licht, das einmal auch für uns ewig brennen wird. Es war ein kleiner Gottesdienst, mit vertrauten Gesichtern, - Tochter, Ehemann, Enkel, Freunde – mit vertrauten Liedern, Gebeten, Abendmahl und Krankensalbung. Im Vergleich zum sonstigen Gottesdienst dauerte dieser nur etwa 40 Minuten. Für den Fahrgast war es ein intensives, wertvolles Erlebnis. Sie war ruhig, hörte aufmerksam zu, erkannte viele Stimmen, denn durch die Erkrankung ist ihre Sehkraft bereits getrübt.

Im Hospiz angekommen freute sie sich auf ihr Bett, wurde nochmals druckentlastend gelagert, reflektierte mit ihrer Tochter die erlebten zwei Stunden. Eddi hatte die Stimmung und den Gottesdienst fotografiert. In einem Nebenraum wurden die Bilder dann ausgedruckt und zu einem kleinen Erinnerungsalbum zusammengesetzt. Ein letztes Highlight, bevor es auf die große Reise geht, die bald ansteht. Unser Fahrgast ist körperlich bereits sehr schwach, aber in der Seele ist sie gestärkt…