Noch einmal auf die Zugspitze

Welcher Bergfreund kennt das Gefühl nicht? Oben auf dem Berg stehen, die Wolken unter sich, die Freiheit und Grenzenlosigkeit spüren und alle Sorgen und Probleme des Alltages für einen kurzen Augenblick vergessen…

Wenn man dann auch noch Bergführer in den Karpaten gewesen ist und jede freie Minute in den Bergen verbracht hat, erreicht der Genuss nochmal eine ganz andere Dimension – besonders, wenn man jetzt schwer erkrankt ist und von solchen Momenten nur noch träumen kann. Nur träumen? Nein, denn genau hier kommt der Wünschewagen ins Spiel!

So auch für Stefan*, dessen großer Wunsch kurz vor seinem 65. Geburtstag lautete: „Noch einmal in meinem Leben auf die Zugspitze!“

Die drei Wunscherfüller*innen Tamara, Steffi und Rudi unseres Teams aus dem Allgäu brachen an einem frühen Sonntagmorgen in Richtung Lindau auf, um ihren Fahrgast im Hospiz "Brög zum Engel“ abzuholen. Seit drei Monaten lebt Stefan nun schon dort, wird bestens versorgt und gepflegt. Aber manchmal kommen die Momente der Trauer und Hoffnungslosigkeit eben doch durch. Der Tag seiner Wunscherfüllung sollte dafür sorgen, diese für ein paar schöne Stunden zu vertreiben…

Direkt nach dem Grenztunnel Füssen durchbrach die Herbstsonne die Wolkendecke und ließ die Tiroler Berge in einem goldenen Licht erscheinen. Konnten Stefans Sorgen wie die Wolken in den Hintergrund treten? Es schien fast so, denn obwohl die Fahrzeit sich wegen einiger Staus auf drei Stunden verlängerte, war er sehr gesprächig und erzählte viele Anekdoten aus seinem Leben.

Auch die Betreiber der Zugspitzbahn wollten den Tag für unseren Fahrgast zu etwas ganz Besonderem machen und ließen die kleine Gruppe kostenfrei die neue Gondel benutzen. Was für ein Ausblick, als sie oben auf fast 3.000 Metern Höhe ankamen! Unten die Täler mit einer Wolkendecke wie in einen flaumigen Wattebausch eingehüllt und oben eine glitzernde Bergwelt mit Neuschnee auf dem Zugspitzplateau. Besser hätte es der Wettergott nicht zaubern können! Golden glitzerte das Gipfelkreuz in der Sonne. Stefan wollte diesen einzigartigen Moment allein mit einer Zigarette genießen. Man spürte deutlich, wie er versuchte, diese Stimmung für immer festzuhalten.

Aber Höhenluft macht hungrig und so stand eine Stärkung in dem Zugspitzrestaurant auf dem Plan.

Viel zu schnell verging die Zeit und bald hieß es wieder Abschied nehmen und sich auf den Weg zurück ins Tal machen. Bei deutlich weniger Verkehr ging die Heimfahrt nach Lindau diesmal zügig vonstatten.

Auch wenn die Fahrt für unseren schwerstkranken Fahrgast sehr anstrengend war, leuchteten seine Augen erfüllt und dankbar, als er von den Hospizmitarbeitern wieder in Empfang genommen wurde. Sein Album mit ausgedruckten Fotos, das ihm die Wunscherfüller auf der Heimfahrt fertiggestellt hatten, hielt er ganz fest in der Hand. Ein Schatz, der ihn immer wieder an diesen wunderschönen Tag und seinen letzten erfüllten Wunsch erinnern würde...